Okay. Also ich fand das Mad Dog-Video sehr ausgewogen. Ich hab eigentlich erwartet, dass es viel eindeutiger negativ ausfällt. Im Endeffekt kann ich da bisher eigentlich auch nur zustimmen. Superinteressant übrigens, dass er da die Tischgröße als Spielfaktor miteingebracht hat. Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht, aber es stimmt total. Gelände seh ich wiederum auch erst bei 5 Euro eng. Im Toptables haben wir mitunter einfach unsere eigenen Geländestücke für 6mm dabei gehabt. Aber da zahlst halt eh auch nur 2,50. Gelände hätt ich sonst sogar als typisches Communityprojekt gesehen: Bastelworkshops im Laden halt - aber das ist mit 3D-Druck und zig Geländekits auf dem Markt mittlerweile auch etwas aus der Zeit gefallen.
Aber versuchen wir uns nochmal in die Situation in Mainz oder Köln zu versetzen, bevor es sone Läden gab. Also meine Wahrnehmung ist etwa wie folgt:
In Köln gab es den GW mit den bekannten Einschränkungen der gespielten Systeme, Figuren und Figurenteile, quasi als bespielte Verkaufs- und Werbefläche und es gab das Brave New World - einen unabhängigen Fantasy- und Rollen- und Brettspielladen der guten alten Art, wie man es aus den neunzigern noch kennt. Vollgestopft von oben bis unten mit Zeug und allein deshalb schon irgendwie charmant, aber wenn man ehrlich ist, auch unzuverlässig, etwas heruntergekommen und komplett chaotisch. Die kostenlosen Spielflächen waren einige große Holzplatten, die man auf Tische im Keller
unter dem Keller auflegen konnte. Das war ein abgetrennter Raum ohne Fenster und ohne richtige Lüftung. Jedenfalls keine, die zu funktionieren schien. D.h. nach einer Weile war die Luft immer richtig schlecht und man ging gefühlt gesund rein und kam krank wieder raus. Man wird im Alter ja immer zimperlicher. Keine Communitybildung seitens des Ladens. Keine Aushangmöglichkeiten, kein Forum, keine Whatsapgruppe, kein Discord, kein schwarzes Brett. Wobei auf Nachfrage ein Mitarbeiter wohl mal eine Spielerkartei angefangen hat, in der man seine Kontaktdaten und die gespielten Systeme auf Visitenkärtchen hinterlassen konnte. Ein dritter Laden, ich glaue Hive oder so ähnlich, bestand, hatte aber definitiv keine Lust mehr auf "Tabletopper". D.h. Ware vorhanden, aber Spieler generell unerwünscht. Dementsprechend daher auch keine Spielfläche, dafür aber Platz für Kartenspieler. Blieb ansonsten noch das Abklappern diverser Gruppen und Foren ("Hilfe! Gibt's hier Kölner* die XY spielen?") oder über T3 oder so zu schauen welche Vereine und Clubs es gibt, was die spielen und welche davon noch überhaupt existieren. Und wo die spielen und wie hoch der Mitgliedsbeitrag ist. Oder man hat Glück und findet privat jemanden.
In Mainz, ohne Fantasyladen, entsprechend die Optionen: Präsentationsfläche im sehr, sehr kleinen GW mit den bekannten Einschränkungen oder die recht kleine und meist zugestellte Spielfläche im vorderen Teil des Orcish Outpost oder das Kabuff im hinteren Teil des Ladens (again: Wenig Luft, wenig Licht). Bin mir nichtmal sicher, ob es da überhaupt eine Spielfläche gibt. Aber ich glaub früher haben wir im Kabuff teilweise gespielt. Im Orcish gabs früher die Möglichkeit was ans schwarze Brett zu schreiben. Aber ganz ehrlich: Ich glaube der Laden hat sich stark in Richtung Rollenspiele, Brettspiele und Sammelkartenspiele verlegt. Passt da denke ich auch besser weil so wenig Platz ist. Bleiben wieder die Vereine für die man natürlich auch einen Beitrag entrichten muss und, je nachdem, auf bestimmte Zeiten und Spiele beschränkt ist. Für Außenstehende oft auch wenig flexibel, häufig gar kompetetiv und auf Turniere ausgerichtet. Dann zahlt man im schlimmsten Fall 25 Euro pro Monat, kann nur an ausgewählten Tagen mit ausgewählten Spielern überhaupt die Räumlichkeiten nutzen und muss gar noch an vereinsmeiernden Mitgliederversammlungen teilnehmen und abstimmen.
Was ich sagen will: Es ist nicht leicht jemanden zu finden und es wird noch schwieriger dann einen Ort zu finden, an dem man einfach spielen kann. Läden, die das Spielen mit ins Ladenkonzept holen und mit einem geringen Obolus miteinpreisen, können hier imo eine Lücke schließen und es viel leichter machen im Hobby aktiv zu sein. Dafür zahl ich gerne meine 2,50-3,50 pro Spiel. Bei 5 Euro und eigens 3D-gedrucktem Gelände aus Eigenherstellung verstehe ich das Argument, aber ich überleg mir preislich dann schon eher wie oft ich dann in einem Monat spielen kann/will. Vor allem, das möchte ich nochmal unterstreichen, bieten solche Läden endlich mal Spielflächen in einem
angenehmen Rahmen - mit Licht und mit Luft und sauber!.
Ich sehe es so:
- Der Spielbetrieb ist eine sinnvolle und gute Ergänzung für jeden Laden dieser Art: Leute verabreden und treffen sich, kaufen tendenziell dann auch mehr ein/bestellen weniger im Internet
- Damit es sich auch für den Laden lohnt ist ein kleiner Obolus (2,50 bis maximal 5 Euro pro Spieler) gerechtfertigt
- Bei der richtigen Preisgestaltung eine super Ergänzung für die lokale Szene. Vor allem wenn man keinen Platz hat oder nicht jeden Unbekannten ins Haus holen bzw zu jedem Unbekannten ins Haus will. Oder vielleicht auch um sich in der Mitte zwischen zwei weit entfernten Spielorten zu treffen.
- Macht es tendenziell einfacher Aktivitäten zu planen, durchzuführen und Gleichgesinnte zu finden
Irgendwie bringt mich das gerade auf eine andere Frage: Sind Solche Läden
ohne Spielfläche überhaupt noch attraktiv? Das zweite Video hat das glaube ich ein bisschen mitangesprochen, aber für mich besteht idR kaum ein Grund in die Läden zu gehen. Alle paar Monate hole ich mir dort meinen Klarlack - falls vorhanden - und mein Milliput - falls vorhanden - oder ähnliches kleines Zubehör. Auch weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass man bei den lokalen Läden, die man gerne unterstützen
will häufig in die Röhre guckt, weil sie die Sachen häufig nicht da haben und auch nicht schnell bestellen können. Dann hängt man da halt wieder 3-6 Monate rum. Da unterstütze ich den Laden dann auch lieber mit einem angemessenen Geldbetrag für die angenehme, saubere Spielmöglichkeit.